Erfahrungsberichte

Tief verwurzelte Angst: Gespräch mit der Ratte Rya, September 2010

Eine Freundin fragte mich einmal nach meinem Rat und meiner Hilfe bezüglich einer ihrer vier Ratten. Dies tat ich natürlich liebend gerne, denn Ratten faszinierten mich schon seit Langem und ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch nie die Gelegenheit mit einer Ratte ins Gespräch zu kommen.
Ich möchte hier nun die Geschichte von Rya vorstellen. Rya`s Fell hat die Farbe von dunklem Rauch, sie trägt nichts Auffälliges an sich; allgemein bewegt sich Rya unscheinbar und scheu. Rya ist die kleinste der vier Ratten-Weibchen und steht in der Rudelhierarchie ganz am Ende. Rya verhielt sich sehr schüchtern, zeigte sich kaum freiwillig und ass immer als Letzte. Sie war die Einzige der vier, welche sich nicht anfassen, geschweige denn auf den Arm nehmen liess. Diese Schüchternheit, ja teilweise sogar Ängstlichkeit verunsicherte meine Freundin sehr: „Wovor fürchtet sich Rya? Wie können wir ihr helfen sich mehr zuzutrauen? Wird sie von den anderen Rudelmitgliedern akzeptiert?“ Und so kam ich mit Rya in ein sehr lehrreiches Gespräch!
Als ich Rya in meinen Gedanken rief, kam sie erst nach einiger Zeit, sehr zögernd und unsicher. Sie schaute sich schüchtern nach Versteckmöglichkeiten um und traute sich nur mit äusserster Vorsicht in meine Nähe. Sofort übermittelte sie mir eine unglaublich tiefsitzende Angst. Diese Angst wirkte beinahe panisch, und war durchaus mehr als nur ein schüchterner Charakterzug. Ich liess ihr die Zeit, welche sie brauchte, um sich zu entspannen, drängte sie nicht sich zu öffnen, sondern gab ihr zu verstehen, dass ich wahrnahm, wie sie sich fühlte und ich dies akzeptierte. Nach einer Weile kam sie einen Schritt auf mich zu. Nun sah ich sie ganz scharf und deutlich und merkte, dass sie Vertrauen geschöpft hatte. Und so begann ich:

Ich:         „Liebe Rya, ich bin eine Freundin von Deinen Menschen (nannte deren Namen). Sie haben mich gebeten, mit Dir und den anderen Rudelmitgliedern zu sprechen. Ich bewundere Deinen Mut und rechne Dir Dein Vertrauen sehr hoch an, Danke! Darf ich mit Dir sprechen?“

Rya sagte nichts, kam jedoch noch ein bisschen näher und begann mich zu beschnuppern. Dies deutete ich als ein „Ja“.

Ich:         „Wie geht es Dir?“
Nichts.
Ich:         „Was machst Du gerade?“
Nichts.
Ich:         „Was möchtest Du Deinen Menschen lehren?“
Rya:       „Ich weiss es nicht…(sehr unsicher, grosse Angst).“

Ich merkte sofort, dass ich die vorbereiteten Fragen (z.B. Was gefällt Dir daran eine Ratte zu sein? Was machst Du am liebsten?) alle über den Haufen werfen konnte, weil diese Fragen irgendwie fehl am Platz waren. Rya`s Angst war überall, durchflutete mich und ich hörte nur noch ihre Hilferufe. Wie konnte ich sie erreichen ohne zu verängstigen, welches war die richtige Frage?

Ich:         „Hm. Möchtest Du mir etwas über Deine Vergangenheit oder Dein vorheriges Leben erzählen?“
Rya:       „Ich war eine Maus. Mich hat man immer vertrieben. Die Menschen hassten mich. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, ich hatte doch nur Hunger. Die Menschen im Haus waren hässlich, böse. Sie hatten Gift gespritzt und mich und meine Brüdern und Schwestern gefangen genommen, in kleinen Käfigen. Dann haben sie uns weg-transportiert.“

Rya schickte mir ein Bild von einem kleinen Lieferwagen. Ich sah, wie Menschen kleine Mäusekäfige in diesen Wagen stapelten, hörte, wie verzweifelte Mäuse um ihr Leben piepsten und wie eine Tür zu geschlagen wurde. Dann war alles nur noch dunkel. Ein Motor wurde angeschaltet und die Mäuse erlitten eine Höllenfahrt: es war unglaublich laut, der Wagen rüttelte und schüttelte die Käfige durch und es war so dunkel. Doch nicht die Dunkelheit war so beängstigend, sondern das beengende Gefühlt, die beraubte Freiheit und das Unwissen, was passieren würde.

Rya:       „Ich fürchte mich vor geschlossenen Kisten, Behältern, vor allem wenn es schüttelt. Ich fürchte mich vor Lärm und Schreit.“
Ich:         „Liebe Rya, ich danke Dir für Deine Offenheit, nun begreife ich, woher Deine Angst stammt. Ich möchte Dir gerne erklären, warum Du hier bist und wer Deine Menschen sind.“
Rya:       „Hm (schaute interessiert).“
Ich:         „Die zwei Menschen, bei denen Du nun wohnst, haben sich sehr lange Ratten gewünscht. Du kamst in ein Zuhause, wo man Dich erwartet hat. Die beiden Menschen haben Deine Geburt und Deine Entwicklung mitverfolgt und sich voller Vorfreude und Verantwortung auf Deine Ankunft vorbereitet. Sie haben Dich und die anderen Rudelmitglieder sehr in ihr Herz geschlossen. Du bist willkommen!
Rya:       „Das wusste ich nicht. Ich fühle mich nun sehr erleichtert. Im Rudel fühle ich mich sonst sehr wohl. Habt Geduld mit mir, drängt mich nicht, versichert mir Eure Liebe zu mir (verbal).“
Ich:         „Ich werde dies Deinen Menschen übermitteln. Hast Du andere Probleme, körperliche Gebrechen?“
Rya:       „Ich habe keine körperliche Gebrechen. Doch manchmal bin ich so ängstlich, dass ich mich kaum noch auf andere Dinge konzentrieren kann.“
Ich:         „Kann ich Dir in irgendeiner Weise helfen?“
Rya:       „Ich brauche Zeit und Geborgenheit. Kein Druck, kein Drängen. Jemand, der da ist, mich aber nicht zwingt. Geduld!“
Ich:         Möchtest Du mir sonst noch etwas sagen?“
Rya:       „Danke. Es geht mir schon viel besser. Jetzt, wo ich weiss, dass diese Menschen anders sind, als jene, in meinem vorherigen Leben.“
Ich:         „Ich danke Dir, liebe Rya, für das Gespräch. Ich werde Deinen Menschen Deine Botschaft mitteilen.“

Hellsichtigkeit ohne Augenlicht: Gespräch mit dem Schaf Mira, Oktober 2010

Ich möchte an dieser Stelle die Geschichte einer guten Freundin und ihrem unglaublich weisen Schaf erzählen. Diese Geschichte geht mir jedes Mal, wenn ich sie erzähle, erneut unter die Haut; sie ist so tiefgründig, so innig, so schicksalhaft. Sie ist meine Lieblingsgeschichte!

Es begann alles damit, dass meine Freundin im Sommer 2010 einen Alpaufenthalt auf einem kleinen Walliser-Biohof machte. Dort verliebte sich meine Freundin in eines der Lämmchen. Nach einiger Zeit fiel dem Bauer auf, dass eben dieses Lämmchen blind war und in einer Herde nicht überlebensfähig war. Kurzerhand beschloss er, dieses Lamm zum Schlachter zu bringen. Meiner Freundin brach es das Herz und ohne zu zögern und nur auf ihren Bauch hörend, entschied sie sich dieses Lämmchen mit nach Hause zu nehmen. Sie könnte es bei den Schafen ihrer Eltern unterbringen, überlegte sie sich. Sie würde noch ein weiteres Lämmchen mitnehmen, damit es nicht so alleine wäre. Gesagt, getan. So kam meine Freundin mit zwei jungen Schafen nach Hause, von denen eines davon blind war, und brachte diese zwei Neulinge zur Herde ihrer Eltern. Sie taufte ihr blindes Schaf Mira.

Doch der Bauer hatte nicht ganz unrecht, als er sagte, dass ein blindes Schaf in einer Herde kaum überlebensfähig sei. Dies merkte meine Freundin auch bald. Es vergingen nur einige Wochen, als die Herde (bestehend aus drei Schafen) begann, Mira zu beissen und zu stossen. Es fiel Mira sichtlich schwer sich in die Herde zu integrieren, ihren Platz zu finden. Auch schien sie Mühe zu haben sich zu orientieren. Das andere neue Lamm wurde problemlos von der Herde akzeptiert. Mira wurde zunehmend stiller, verdrückte sich in die hintersten Ecken der Weide und verkroch sich in sich hinein. Meine Freundin war am Verzweifeln. Wollte sie doch das Leben dieses wundervollen, hilfebedürftigen und jungen Wesens retten und musste nun feststellen, dass dies alles andere als einfach war. „Hatte sie das Leben dieses Lammes wirklich gerettet oder es ihm noch schwerer gemacht? Hatte sie zu fest in den Lauf der Dinge und des Lebens eingegriffen und gegen das überlebensnotwenige Verhalten der Natur verstossen? Was sollte sie nun machen mit dieser noch grösseren Herausforderung und Verantwortung? Gab es eine Möglichkeit Mira in die Herde zu integrieren? Was und wie nahm Mira die Welt überhaupt wahr?“ Und so kam meine Freundin hilfesuchend zu mir.

Als ich Mira in Gedanken rief, befand sie sich abseits der Herde, trotzdem konnte ich die anderen Mitglieder der Herde deutlich spüren und wahrnehmen, sah jedes einzelne der Schafe. Mira kam sofort, mit viel Vertrauen. Ihr Fell ist am Körper dunkelbraun, gekraust und ungefähr 15cm lang, am rechten Ohr ist es weiss. Ihr Körper ist kleiner und zarter gebaut als die Körper der anderen Schafe. Ihre Bewegungen waren ungewohnt. So hielt sie ihren Köpf meist gesenkt, schnüffelte am Boden, stampfte mit ihrem linken Vorderlauf alle paar Meter kräftig in den Boden, scharrte mit den Hufen. Auch ihr blöken war anders, irgendwie suchend. Ich stellte jedoch sofort fest, dass Miras Herz sehr offen ist, dass sie eine unglaublich feinfühlige und liebevolle Art hatte und eigentlich kaum bedrückt wirkte. Ich stellte mich ihr als Freundin von ihrem Menschen (nannte den Namen) vor und erklärte ihr, warum ich sie rief.

Ich:      „Liebe Mira, ich bin eine Freundin von Deinem Menschen (nannte den Namen). Sie hat mich gebeten, mit Dir zu sprechen. Ich bin sehr neugierig, was Du mir zu erzählen hast. Darf ich mit Dir sprechen?“

Mira:    „Sehr gerne.“

Ich:      „Danke. Wo befindest Du Dich gerade? Was machst Du gerade?“

Mira schickte mir ein sehr präzises Bild von ihrer Umgebung. So erkannte ich in ihrer unmittelbaren Nähe einen Obstbaum, welcher als einziger Baum auf der Weide stand. Ich sah die reifen Früchte am Boden liegen, Apfel oder Birnen mussten es sein. Leicht rechts versetzt im Hintergrund stand ein kleines Holzhüttchen mit einem Trog oder Fressbehälter davor. Die Weide war rechteckig abgesteckt, am linken Rand befand sich das Haus der Eltern meiner Freundin. Das Gras war saftig, nass und sehr kalt. Der Boden vor der Hütte bestand aus matschiger brauner Erde. Die Luft roch frisch, kühl, feucht. Dennoch nahm ich die Strahlen der Sonne wahr. Mira stand unter dem Obstbaum an der Sonne und frass Gras.

Ich:      „Was machst Du gerne?“

Mira:    „Ich liebe es an der Sonne zu stehen und von der Sonne meinen Rücken aufzuwärmen, das fühlt sich so gut an!“

Ich:    „Wer ist Dein Freund/Deine Freundin?“

Mira schickte mir ein Bild von einem Schaf, das sehr ähnlich aussah, wie sie, nur, dass dieses noch mehr weiss an den Ohren hatte. Ich spürte, dass dieses Schaf weiblich war.

Ich:    „Wer ist das?“

Mira:  „Das ist meine Schwester, sie beschützt mich und ist für mich da. L. (der Name ihres Menschen) ist auch meine Freundin.“

Ich:    „Fühlst Du Dich wohl mit Deinen Menschen?“

Mira:  „Ja sehr, alle sind sehr lieb zu mir und sorgen sich um mich. L. hat mir das Leben gerettet, das weiss ich und dafür danke ich ihr!“

Ich:    „Wie fühlst Du Dich in Deiner Herde?“

Mira:  „Die anderen Schafe mögen mich nicht so, dabei mache ich ihnen gar nichts, sie beissen mich und stossen mich aus, das macht mich einwenig traurig.“

Mira liess den Kopf hängen und wirkte niedergeschlagen, doch wie als besann sie sich ihrer Aufgabe, begann sie wieder an zu strahlen, sie war umgeben von weissem hellem Licht. Entweder war sie einfach noch sehr jung und naiv oder sie war sehr weise…

Mira:  „Doch ich bin hier wegen meinem Menschen, wir gehören zusammen und sie braucht mich.“

Ich:    „Wie geht es Dir körperlich?“

Ich durchleuchtete Miras Körper. Als erstes fiel mir eine Verletzung an einem der Hinterläufe auf. Dann blieb mein Blick an ihren Augen hängen.

Ich:      „Ich erkenne eine Verletzung an Deinem Hinterlauf. Was ist da geschehen?“

Mira:    „Das ist eine Bisswunde von einem der grossen Schafe.“

Ich:      „Hast Du diesbezüglich  Schmerzen?“

Mira:    „Nein, das ist schon längere Zeit her und bereits verheilt.“

Ich:      „Ich sehe zudem, dass Deine Augen nicht so gut funktionieren. Wie gut siehst Du?“

Mira lud mich ein, in ihren Körper zu gehen und selbst wahrzunehmen, wie gut sie sah. Vor mir tauchte ein dicker Nebel auf. Ich schloss und öffnete meine Augen mehrere Male, aber der Nebel blieb dick und undurchschaubar. Dann erkannte ich einige schemenhafte Schatten, welche wahrscheinlich zu den anderen Mitgliedern der Herde gehörten, doch ich war mir nicht sicher. Dann kam die Sonne und die Schatten nahmen Gestalt an. Ich sah zwar alles andere als scharf, aber nun erkannte ich wenigsten, dass es sich tatsächlich um andere Herdenmitgliedern handelte.

Ich:      „Danke für Dein Bild Mira, Du hast mir damit viel gezeigt. Ich kann mich nun viel besser in Deine Lage hineinversetzen. Gibt es Momente, in denen Du besser siehst?“

Mira:    „Ja, bei Sonnenlicht sehe ich besser, darum liebe ich die Sonne. Im Dunkeln sehe ich nichts.“

Ich:      „Schränkt Dich das ein?“

Mira:    „Eigentlich nicht, denn ich bin mir nichts anderes gewöhnt. Aber es ist schwierig für die Herde.“

Ich:      „Hast Du irgendwelche Strategien um Dich zu orientieren?“

Mira:    „Ja, ich höre und rieche sehr gut. Ich höre immer, wo die anderen Schafe sind und rieche die Umgebung. Ich schlage mit dem Vorderlauf auf den Boden, so (zeigte es), und damit erkenne ich auf welchem Untergrund ich mich befinde. Ich weiss dann, wo ich auf der Weide bin. Ich rufe ausserdem ab und zu die Herde.“

Ich:      „Gibt es etwas, was Dir zusätzlich noch helfen würde, Dich besser zu orientieren?“

Mira:    „Vielleicht könnten an jeder Ecke des Zauns und an der Hütte Glocken angebracht werden, welche alle unterschiedlich hoch klingen. Dies würde mir helfen mich besser zu orientieren.“

Ich:      „Ich werde diese Nachricht so überbringen. Hast Du eine Idee, wie wir Dir helfen können, Dich besser in die Herde zu integrieren?“

Mira:    „Rede doch mal mit der Herde, ich weiss nicht ob die wissen, was mit mir los ist.“

Ich:      „Gut, ich werde dies nachher machen. Du sprachst am Anfang von einer Aufgabe, welche Du erfüllen musst. Erzählst Du mir einwenig davon?“

Mira:    „Gerne. Ich bin die Vorspurerin (ebnet den Weg, spurt den Weg) für L. Ich zeige ihr den Weg und sie kann mir folgen. L. ist ein Tierfreund, verbunden mit der Natur und den Tieren. Ich muss ihr helfen, dass sie den richtigen Weg geht. Auch sie ist blind, aber nicht in den Augen, sondern im Herzen und ich zeige ihr, wie man die inneren Augen öffnet und besser sehen kann, wie man auf sein Herz vertaut und trotz Schwächen seinen Weg geht. Ich rede aus Erfahrung, ich sehe ja nichts und trotzdem sehe ich sehr viel, mit dem inneren Auge, meine ich. Es ist meine Aufgabe, sie zu lehren. Wir sind verbunden, seelenverwandt.

Ich:      „Deine Weisheit und Deine Überzeugung beeindruckt mich! Möchtest Du mir sonst noch etwas sagen?“

Mira:    „Danke, hast Du mit mir geredet, es geht mir nun sehr gut, ich bin sehr glücklich (machte einen Luftsprung). Sag meinem Menschen, dass ich sie liebe.

Ich:      „Danke, Namasté! Ich habe viel von Dir gelernt.“

Nach dem Gespräch mit Mira fragte ich die Herde, welches das Anführertier sei und ob ich  mit ihm etwas besprechen dürfe. Es tauchte ein grosses weisses Schaf auf, eine richtige „Schafmutter“, dickfellig und dickhäutig. Misstrauisch musterte sie mich. Ich erkannte sogar ihre Markierung, also die genauen Zahlen, im Ohr. Ich erklärte ihr, warum ich sie gerufen habe und dass ich gerade vorhin mit dem Schaf Mira ein langes Gespräch geführt habe. Die „Schafmutter“ blieb misstrauisch, hörte mir aber zu. Ich fragte sie, ob ihr etwas an Mira aufgefallen sei. Sie bejahte und meinte, dass sie und die anderen Tiere der Herde sich vor Mira fürchteten. Ihre Augen seien anders, furcherregend, böse, hell, ins Leere gerichtet. Ausserdem habe die „Schafmutter“ Angst davor, dass Mira ihren Platz als Anführerin wettmachen könnte. Ich erklärte dem Anführerschaf, dass Mira ein Problem habe mit ihren Augen, dass sie blind sei, kaum etwas sehen könne und sehr auf die Hilfe der Herde angewiesen sei. Ich sagte ihr, dass Mira mit ihrem Geburtsdefekt immer an unterster Stelle in der Herdenhierarchie stehen würde und sie sich keine Sorgen machen müsse bezüglich ihrer Position in der Herde. Die „Schafmutter“ wurde sehr neugierig und ich spürte wie sie Mitleid hatte mit Mira. Sie war sehr froh, dass ich ihr dies erklärt habe, denn dies alles war der Herde nicht bewusst. Ich bat das Anführerschaf Mira in ihrer Herde aufzunehmen und ihr zu vertrauen. Die Herde begann nun Mira zu beschnuppern, ganz vorsichtig, aber durchaus liebevoll. Dies war ein erster Schritt, den Rest würde sich dann von selbst entwickeln. Ich bedankte mich aufrichtig beim Anführerschaf und der Herde.

Bereits ein Tag nach unserem Gespräch rief mich meine Freundin an und brach nur den einen Satz heraus: „Judith, d`Herde het d`Mira uufgno.“

Ein tiefes Verständnis verbindet uns! Gespräch mit der Stute Dakila, Juni 2012

(Rückmeldungsmail einer Kundin)

Hallo Judith,
Es ist eine halbe Ewigkeit her, dass wir telefoniert haben, und eigentlich wollte ich dir schon lange schreiben, aber es war so viel los in letzter Zeit, und ich wollte mir einfach genügend Zeit nehmen, um dir ausführlich berichten zu können, was seit dem Gespräch mit Dakila alles passiert ist.

Du erinnerst dich vielleicht, dass mein Hauptproblem mit Dakila der Stalldrang war. Alles andere konnte ich in den letzten Jahren irgendwie lösen, aber das Stalldrangproblem blieb bestehen und wurde immer schlimmer, so hatte ich den Eindruck. Nach unzähligen, verschiedensten Versuchen war ein Gespräch mit Dakila mein letzter Rettungsanker – ich wusste mir einfach nicht mehr zu helfen. Diverse Pferdetrainer hatten unterschiedlichste Lösungen vorgeschlagen, nichts hatte geholfen. Und halb und halb hatte ich mich damit abgefunden, dass ich nie ein entspanntes Pferd im Gelände hätte, und dass es auf dem Heimweg immer ein Gezappel geben würde. Ganz ehrlich gesagt, war ich sehr neugierig auf Tierkommunikation und wollte das schon immer mal ausprobieren, aber auf eine Lösung der Stalldrangsache hoffte ich nicht wirklich. Klar hätte ich mich darüber gefreut, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein Telefongespräch das lösen könnte, was reihenweise Leute, die direkt mit Dakila gearbeitet hatten, nicht lösen konnten…

Und so ging ich, die ewige Skeptikerin, an jenem Abend nach unserem Telefongespräch zum Stall und nahm Rüebli mit, denn Dakila hatte ja gesagt „Lieber Rüebli als Äpfel, die knacken so schön.“ Ich war verwirrt von unserem Gespräch und hatte keine Ahnung, was mich im Stall erwarten würde.
Dakila schien mir entgegen zu grinsen – und zum ersten Mal seit Wochen erwartete sie mich an der Boxentüre und kam sofort willig mit nach draussen. Sonst steht sie im Sommer immer auf dem Auslauf und lässt sich erst bitten, ehe sie den Stall betritt.
Zufall, dachte die Wissenschaftlerin in mir, und hielt Dakila einen Apfel und ein Rüebli entgegen – schön im gleichen Abstand zu ihr.
Ich schwöre, sie hat gegrinst, als sie das Rüebli nahm und den Apfel eiskalt ignorierte…

An jenem Abend ritt ich mit Dakila aus, liess die Zügel lang und bemühte mich, ihr viel Ruhe zu vermitteln. Und halblaut erzählte ich ihr jeweils, was wir als nächstes tun würden. Traben, ein kurzes Stück galoppieren, weiter im Schritt… Ich kündigte Abzweigungen im Voraus mündlich an und sagte immer wieder, dass wir noch nicht nach Hause gehen würden, sondern erst noch ein Ründchen hier und das Feld dort drüben und den Weg da rechts… Und Dakila blieb ruhig, schaute sich aufmerksam um und drängte nicht vorwärts.
Irgendwann hielt ich an, streichelte ihren Hals und meinte. „So. Jetzt gehen wir nach Hause.“
Dakila wurde etwas schneller, als sie den Heimweg erkannte, ich ermahnte sie kurz, dass das jetzt eben die Situation sei, wo sie nicht drängeln solle…
… und sie hörte auf und blieb ruhig.

Zum ersten Mal seit MONATEN ritt ich am langen Zügel im Schritt nach Hause.

Ich war überwältigt und konnte es kaum fassen.

Das ist jetzt schon fast zwei Monate her, und wir hatten den einen oder anderen Rückfall ins alte Verhalten, aber im Grossen und Ganzen hat unser Gespräch damals enorm viel verändert. Dakila und ich hatten viel Vertrauen zueinander, aber dieses ist in den letzten Wochen noch viel tiefer und intensiver geworden. Wir verstehen uns blind – noch viel besser als vorher. Ich rede mehr mit Dakila – oder besser gesagt: Ich sage ihr wirklich, was wir tun werden, anstatt irgendwelchen beruhigenden Nonsens zu plappern, wenn sie nervös wird. Ich bin gelassener geworden, werde nicht gleich energisch, wenn sie drängelt, sondern ermahne sie erst nur mit Worten, halte an, fange neu an und versuche es noch einmal.

Jetzt, nach zwei Monaten, kann ich ganz gemütlich mit einer Freundin zusammen ausreiten, und meistens komme ich auch ganz entspannt wieder nach Hause. Wenn es mal nicht so gut klappt, kann ich im Gegensatz zu früher die Gründe erkennen: Starker Wind, Gewitterstimmung, viele Spaziergänger mit Hunden, viele Reiter oder grosse Landmaschinen. Früher war JEDER Ausritt ein Stress, jetzt kommt es nur noch ab und zu vor, und wenn Dakila mal wirklich nervös wird, lässt sie sich auch wieder beruhigen.

Somit hat unser Gespräch damals eine ganze Menge verändert, was die Beziehung zwischen Dakila und mir betrifft. Wir gehen gelassener miteinander um, vertrauen einander mehr und haben entsprechend viel mehr Spass und weniger Kampf miteinander. Und dafür möchte ich dir noch einmal ganz herzlich danken. Ich hatte mir erhofft, dass unser Gespräch mir vielleicht Hinweise darauf geben könnte, was ich besser machen kann. Dass es gleich so einen durchschlagenden und anhaltenden Erfolg erzielt, hätte ich mir niemals träumen lassen.

Danke für alles, und wer weiss, vielleicht kommt es je irgendwann wieder einmal zu einem Gespräch mit Dakila. Diese lässt sicher auch danken – nicht zuletzt, weil jetzt auch regelmässig für Rüebli gesorgt wird. 😉

Liebe Grüsse und alles Gute weiterhin!
Isabelle